Martinskirche
Die Anfänge
Die Ursprünge der Siedlung Sielmingen gehen auf alemannische Zeit zurück, wie die 1973 entdeckten alemannischen Reihengräber im Bereich der heutigen Alemannenstraße belegen. Sie stammen aus der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts. Aber erst unter den Franken, vermutlich im 8. Jahrhundert, erfolgte die Christianisierung. Wahrscheinlich errichteten sie eine einfache Holzkirche.
St. Martin
Für eine Christianisierung durch die Franken spricht auch das Patrozinium des heiligen Martin, dem Schutzheiligen der Franken. Er stammte aus Ungarn und wurde römischer Soldat in Gallien. Der Legende nach teilte er seinen Mantel mit einem Bettler. In der darauf folgenden Nacht erschien ihm im Traum Jesus, mit seiner Mantelhälfte bekleidet. Kurz darauf trat er zum Christentum über und ließ sich taufen. Später wurde er Bischof von Tours. St. Martin ist der häufigste Kirchenpatron in Württemberg mit seinen über 450 Martinskirchen.
Bau der Martinskirche
Das älteste bauliche Zeugnis der Kirche befindet sich in der Kirchhofmauer links vom Eingang. Ein Weihestein von 1310 nennt dieses Jahr als das Jahr der Weihe der Sielminger Kirche. Von diesem Bau hat sich nichts erhalten. Der untere Teil der Inschrift stammt von 1588, vermutlich sind es die Initialen von Sielminger Bürgern, die zur Renovierung der Kirchhofmauer beigetragen haben.
Ob dieser Bau im Städtekrieg von 1449 zerstört wurde, ist nicht gesichert. Sielmingen hätte dann 40 Jahre keine Kirche gehabt. Eher denkbar ist, dass im Zuge jenes ungeheuren „Baubooms“ spätgotischer Kirchen der alte Kirchenbau abgebrochen und 1488/89 ein Neubau errichtet wurde. Auch die anderen drei gotischen Kirchen Filderstadts entstanden in jenen Jahren: Bonlanden 1472, Bernhausen 1475 und Plattenhardt 1479.
Das Jahr der Fertigstellung 1489 ist durch zwei Inschriften belegt. Diese Jahreszahlen befinden sich über dem Südportal sowie im Kreuzgewölbe des Turms. Dort befindet sich auch ein Baumeisterzeichen. Ob es sich dabei tatsächlich um Nikolaus Eseler d.J., den Baumeister der Georgskirche von Dinkelsbühl und Werkmeister am Mainzer Dom handelt, ist aber ungewiss. Jahresring-Untersuchungen am Dachwerk des Langhauses haben das Jahr 1489 als Baujahr bestätigt. Dieser Dachstuhl ist gleichzeitig der älteste von ganz Sielmingen. Interessant ist, dass er vollständig aus Nadelholz (anstatt wie damals üblich aus Eichenholz) gezimmert ist, was für jene Zeit eine große Seltenheit darstellt.
Zur spätgotischen Ausstattung gehörten zwei Altäre, die der Maria sowie der heiligen Margareta geweiht waren (genannt 1508).
Das Patronatsrecht, also das Recht, den Pfarrer zu ernennen, war Teil des Reichslehens Sielmingen. Es stand den Herren v. Stöffeln, seit 1377 den Herren v. Stammheim zu und ging 1514/1521 an die Herren Thumb von Neuburg. Diese verkauften 1532 ihre Sielminger Besitzungen und Rechte an das neu gegründete Spital Nürtingen. Seit diesem Jahr oblag dem Nürtinger Stadtrat die Ernennung des Sielminger Pfarrers.
Die Martinskirche war von einer über drei bis vier Meter hohen Mauer umgeben, diente die Kirche doch im späten Mittelalter als Fluchtkirche. Bei kriegerischen Angriffen konnten sich die Bewohner des Ortes hinter die schützenden Mauern der Kirche flüchten. Hierfür sprechen auch die Schießscharten im Kirchturm.
Reformation 1534
Die Einführung der Reformation in Württemberg bedeutete zunächst eine Neuordnung des Gottesdienstes, im Mittelpunkt stand der sonntägliche Hauptgottesdienst. Im Gegensatz zu Luthers deutscher Messe wurde auf die Liturgie weitgehend verzichtet. Die Predigt sollte stattdessen im Mittelpunkt stehen. Der bisherige katholische Priester von Sielmingen trat zum neuen Glauben über und wurde als evangelischer Pfarrer übernommen.
Abgeschafft wurden hingegen die beiden anderen Priesterstellen, nämlich Frühmess- und Margarethenpfründe. Von diesen Einkünften wurde u. a. die Volksschule finanziert.
Die Abschaffung der Heiligenverehrung bedeutete, dass sämtliche Heiligenbilder und damit auch die Altäre aus dem Kirchenraum entfernt werden mussten.
Noch 1588 wurde bei einer Kirchenvisitation in Sielmingen gerügt, dass sich im Kirchenraum ein "alt abgöttisch Epitaphium" befinde. Dabei handelte es sich um eine Holztafel zur Erinnerung an den Schultheißen Jörg Hahn und seine Frau Agatha. Abgebildet war St. Georg als Drachentöter und die heilige Agatha mit der Fackel. Darunter waren kniend Jörg Hahn mit den acht Söhnen und Agatha mit den neun Töchtern abgebildet. Auf Befehl des Dekans musste dieses Epitaphium wegen der Heiligenbilder entfernt werden.
Noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts sollen sich der Altarschrein, ein Kruzifix sowie die Heiligenfiguren im Besitz der Gemeinde befunden haben.
Die spätmittelalterliche Pracht des kirchlichen Lebens zeigt die Liste der abzugebenden Kleinodien: Im Dezember 1535 musste die Kirchengemeinde Sielmingen zwei silberne Kelche und zwei weitere silberne Messgeräte, 26 Messgewänder mit Zubehör, einen Chormantel, einen Umhang für den Altar und 14 Altartücher nach Stuttgart abliefern. Im Jahr 1554 kam die Gemeinde Harthausen zur Pfarrei Sielmingen hinzu. Diese Zugehörigkeit bestand bis 1838.
Sielmingen erlitt zwar im Dreißigjährigen Krieg vielfältige Verluste an Menschenleben (die Einwohnerzahl der Gemeinde verringerte sich von 543 auf 254). Es gab auch vielfältige Zerstörungen von Gebäuden, das Kirchengebäude erlitt jedoch keinen Schaden.
Die Martinskirche im 18. und 19. Jahrhundert
In den 1730er Jahren baten die Sielminger den Herzog, „ihre baufällige und enge Kirche reparieren und erweitern lassen zu dürfen." Im Zuge dieser Umbauten verlor die Sielminger Kirche viel von ihrem spätmittelalterlichen Raumeindruck. Im Jahr 1737 wurde der gotische Chor abgebrochen, das Kirchenschiff verlängert und ein neuer Chor errichtet, wie aus der Jahresring-Untersuchung des Dachwerks hervorgeht. Aus jenen Jahren stammt auch die Kassettendecke des Kirchenschiffs mit dem württembergischen Herzogswappen.
Um mehr Platz für die Kirchenbesucher zu erhalten, wurden Emporen in das Kirchenschiff und in den Chor eingebaut. Diese Umbauten müssen vor dem Hintergrund gesehen werden, dass auch die Obersielminger sowie die Harthäuser die Martinskirche besuchten. Angesichts der starken Bevölkerungszunahme im 18. Jahrhundert erwies sie sich als zu klein.1750 wurde der Kirchturm von einem Blitzschlag getroffen. Das Dach des Kirchturms verbrannte vollständig, auch die drei Glocken und die Kirchturmuhr wurden zerstört. Bis heute ist die rötliche Färbung im Mauerwerk als Spur dieses Brandes zu sehen. Wie der Turm der Martinskirche bis dahin ausgesehen hatte, zeigt die Kieser'sche Forstkarte aus dem Jahr 1683, hier ist noch der spitze Kirchturm zu sehen.
Der Wiederaufbau erfolgte 1754 in veränderter Form, der Sielminger Kirchturm erhielt eine barocke Kirchturmhaube nach den Plänen des württembergischen Landbaumeisters Johann Adam Groß d. Ä. Diese barocke Haube prägt das Ortsbild bis heute. Ebenso wurden drei neue Glocken gegossen.
Die unmittelbare Umgebung der Kirche änderte sich grundlegend, als 1843/44 der bis dahin bestehende Friedhof rings um die Kirche an den Ortsrand verlegt wurde. Da Anfang des 20. Jahrhunderts die Kirche wiederum zu klein wurde, plante man schon in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg eine Erweiterung durch einen Saalanbau. Allerdings verhinderte der Krieg dieses Vorhaben. Erst unter Pfarrer Emil Kemmler gelang es, 1931 diesen lange geplanten Saalanbau zu realisieren. Allerdings mussten an der Wand des nördlichen Kirchenschiffs drei gotische Fenster geopfert werden. Hier wurde im Stil der neuen Sachlichkeit ein Saal angebaut. Gleichzeitig wurden die Emporen, die Bänke und der Boden erneuert, ebenso die Kanzel und der Altar. Der Innenraum wurde vollständig umgestaltet, die Kanzel wurde von der linken auf die rechte Seitenwand versetzt, die Empore an der rechten Seitenwand wurde entfernt und stattdessen eine Empore über dem Saal errichtet. Die Orgel wurde vom Chor nach hinten versetzt.
Durch den Anbau und die neuen Emporen vergrößerte sich die Zahl der Sitzplätze auf 838. Die Einweihung fand am 18. Oktober 1931 in Anwesenheit von Kirchenpräsident Theophil Wurm statt.
Im Jahr 1970/71 wurde der Innenraum erneut grundlegend umgestaltet. Die Chorempore wurde entfernt, die Chorfenster zugemauert, die Glasfenster von Ernst Gräser ausgebaut und später an die Rückwand der Kirche angebracht, wo sie heute als künstlich beleuchtete Glasbilder zu sehen sind. Auch der Altar wurde stark verändert. Weiterhin wurde die Kanzel in den Altarraum gerückt. An der Südwand entstand ein Gang, indem die Bänke etwas gekürzt wurden. Nach 50 Jahren — im Jahr 1981 — wurde die Orgel wieder in den Chor versetzt, wo sie seit Jahrhunderten ihren Platz hatte. Es sprachen aber auch akustische Gründe für diesen Standort. Seitdem richtet sich der Blick nunmehr auf die völlig erneuerte Orgel.
2001 wurde die Fassade des Kirchturms renoviert und neue Ziffernblätter angebracht, 2003 wurde die Beleuchtung komplett erneuert. 2004 wurde eine neue Heizung eingebaut, bei der vor allem auch auf die Luftfeuchtigkeit geachtet wurde, was für die Orgel und die Holzdecke besonders wichtig ist.
Ausstattung
Vom einstigen spätgotischen Kirchenraum mit der damaligen reichen Ausstattung ist so gut wie nichts mehr erhalten. Der heutige Raumeindruck ist geprägt von der Kassettendecke des 18. Jahrhunderts, dem Orgelprospekt von 1832, vor allem aber durch die Umbauten der Jahre 1931, 1971 und 1981.
Orgel
Im Jahr 1780 wurde erstmals eine Orgel in Sielmingen erwähnt. Die heutige Orgel geht auf die 1832 von den Gebrüdern Schäfer aus Wolfschlugen geschaffene Orgel zurück. Bei der vollständigen Erneuerung und Neugestaltung der Orgel durch die Firma Peter Plum aus Marbach 1981 wurde die Orgel im Chor auf ein Podest gestellt. Sie erhielt in ihrem Mittelteil das zurück gewonnene Gehäuse von 1832. Links und rechts des alten Mittelteils wurden das Pedal und das Hauptwerk angeordnet. Es lag nahe, die Stilelemente des Gehäuses, durch eine Zäsur abgesetzt, den alten anzupassen. „So ist die Orgel für den Besucher und für den Hörer gleichermaßen eindrucksvoll, wie sie auch im Gottesdienst und im Konzert das Zusammenwirken mit Chor und Instrumenten ermöglicht.“ Die 22 Register sind mit 32 elektronischen Setz-Kombinationen ausgestattet. Die Traktur für die zwei Manuale und das Pedal sind rein mechanisch.
Fenster
Beim Umbau von 1931 wurden figürliche Glasfenster eingebaut. Ob die spätmittelalterliche Kirche Glasfenster hatte, ist ungewiss. Diese Fenster zeigen verschiedene Lebensstationen Jesu. Sie beginnen an der Rückwand der Kirche und verlaufen von rechts nach links. Die beiden künstlich beleuchteten Glasfenster an der Rückwand sind das Werk von Ernst Gräser (geb. 1884 in Kronstadt/Siebenbürgen, gest. 1944 in Stuttgart-Sillenbuch) aus dem Jahr 1931 und stellen die Geburt und die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer dar. An der Nordwand befindet sich ein Fenster Gräsers mit dem Sielminger Wappen, in der Sakristei eines mit Ähren und Weintraube.
In den gotischen Fenstern des Kirchenschiffs folgen drei Glasfenster. Sie wurden — außer der 1931 von Ernst Gräser gestalteten Auferstehung — im Jahr 1989 zum 500-jährigen Kirchenjubiläum in Auftrag gegeben. Sie stellen die Heilung des Gelähmten und die Stillung des Sturmes auf dem See Genezareth dar und sind das Werk von Anne-Dore Kunz-Saile. Diese Fenster zeigen nicht nur Szenen aus dem Leben Jesu, jedes Fenster ist auch einer Person der Dreifaltigkeit zugeordnet.
Bei der Heilung des Gelähmten (Mk. 2,1-12) erscheint im oberen Teil des Fensters die Taube als Symbol des Heiligen Geistes. In den Evangelien wird berichtet, dass Jesus dem Kranken die Sünden vergibt, ehe er ihn heilt. Die Vergebung der Sünden geschieht durch die Kraft des Heiligen Geistes. Deshalb wird der Kranke von einem Strahl, der von der Taube ausgeht, umfangen. Die Flamme neben der Taube erinnert an Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes. Während sich die Jünger im Tempel versammelten, erschienen an Pfingsten Flammen auf ihren Häuptern.
Das folgende Fenster zeigt die Stillung des Sturmes (Mk. 4,35-41). Darüber das Auge im gleichschenkligen Dreieck, als Symbol für Gott Vater.
Es erinnert daran, dass Gott, der die Erde geschaffen hat, Erde, Himmel, Wind und Wasser gehorchen. Der Regenbogen weist auf Gottes Versprechen nach der Sintflut hin. Das Auge steht für Gottes Gegenwart. Gott sieht alles. Für die Trinität stehen die drei gleichen Seiten des Dreiecks und die drei Strahlen, die von dem Auge ausgehen. Einer dieser Strahlen trifft Jesus, der auf seinen Vater vertrauend im Boot schläft. Die Jünger in ihrer Angst sind dagegen von einer Welle umgeben.
Das Christus-Fenster zeigt die Auferstehung (von Ernst Gräser) und darunter ein symbolisches Kreuz (von Anne-Dore Kunz-Saile). Das Kreuz nimmt das Rot des Mantels Jesu bei der Auferstehung auf. Im Kreuz sind Nägel und die Dornenkrone zu erkennen. Um das Kreuz hängt ein Saattuch, aus dem Körner fallen. Sie sind Hinweise auf die Gleichnisse vom Sämann (Mk. 4,2-9) und vom Weizenkorn (Joh. 12,24). Durch Christi Tod und Auferstehung haben alle Menschen Hoffnung auf das ewige Leben. Über dem Kreuz erscheinen sieben Flammen. Sieben Leuchter stehen in der Offenbarung um den Thron Gottes (Offb. 4,5). Die Flammen stellen auch eine Verbindung zum Fenster mit der Heilung des Gelähmten her.
Kanzel
Der Adler an der Kanzel verweist als Symbol des Evangelisten Johannes auf den Anfang des Johannes-Evangeliums und erinnert daran, welchen hohen Stellenwert das Wort hat („Am Anfang war das Wort"). Der Adler ist ein Werk von Fritz v. Grävenitz (1892-1959) und stammt aus dem Jahr 1931.
Kruzifix
Das Kruzifix wurde durch Jakob Brüllmann (1872-1938) geschaffen und besteht aus Travertinstein. Es war die Stiftung des Sielminger Oberlehrers Höss für seinen 1918 gefallenen Sohn Ernst, wie aus der Inschrift auf der Rückseite hervorgeht. Dieses Kreuz trat nach dem Umbau von 1931 an die Stelle eines Kruzifixes, wahrscheinlich aus dem 16. Jahrhundert, das sich heute im Pfarrhaus befindet, aber leider beschädigt ist.
Taufstein
Das Alter des Taufsteins ist ungewiss. Er wird von einer Kupferplatte bedeckt, die von der Kinderkirche gestiftet wurde und die Inschrift trägt: „Lasset die Kindlein zu mir kommen."
Wandteppich
Gegenüber der Kanzel hängt ein Wandteppich. Er wurde 1973 nach einem Entwurf von Hans Gottfried von Stockhausen (geb.1922) geknüpft. Er soll eine Hilfe zur Meditation sein und bietet viele unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten. Auf ihm ist der Lebensbaum nach Offb. 22,2 dargestellt, der am lebendigen Wasser wächst, das vom Thron des Lammes ausgeht. Das Blau des Wassers dominiert den Teppich. In Offb. 22 heißt es weiter, dass die Menschen in der Stadt Gottes keine Sonne mehr brauchen, weil Gott sie selbst erleuchtet. Der innerste Kreis des Baumes ist deshalb golden. In ihm verzweigt sich der Stamm in drei Knospen. Diese drei Knospen weisen auf die Dreieinigkeit. Über dem Baum erinnern Flammen an den brennenden Dornbusch oder das Pfingstfeuer.
Holzskulptur St. Martin
An der Längswand befindet sich eine Holzplastik des Kirchenpatrons St. Martin. Sie ist ein Werk von Fritz v. Grävenitz von 1931 und zeigt die Mantelteilung. Die Konsole, auf der die Figur steht, trug die frühere Empore, möglicherweise geht sie auf das 16. Jahrhundert zurück.
Pfarrertafel
Im Turmraum werden auf zwei Tafeln sämtliche Sielminger Pfarrer seit der Reformation aufgeführt.
Die Glocken
Die Martinskirche verlor ihre spätmittelalterlichen Glocken beim Kirchturmbrand von 1750. Die älteste Glocke Sielmingens (sie stammt aus dem Jahr 1521) befindet sich hingegen in der Kapelle in Obersielmingen. Aber auch die drei Glocken, die 1754 von Glockengießer Christian Ludwig Neubert gegossen wurden, sind nicht erhalten. Die beiden kleineren Glocken mussten 1917 abgeliefert werden und wurden zu Rüstungszwecken eingeschmolzen. 1923 wurden zwei neue Glocken angeschafft und zu den Feierlichkeiten der Wiedervereinigung von Unter- und Obersielmingen an Pfingsten 1923 aufgezogen. 1931 wurde eine elektrische Läutanlage eingebaut, sodass das Glockenläuten mit Seilen durch die Schulkinder entfallen konnte.
Im Zweiten Weltkrieg musste die Glocke von 1754 sowie die mittlere Glocke wiederum abgeliefert werden, letztere wurde eingeschmolzen. 1948 kam zwar die große Glocke (620 kg) von 1754 wieder zurück, war aber inzwischen klanglich so schlecht, dass sie nicht mehr zu verwenden war. Mit Zustimmung des Denkmalamts wurde sie eingeschmolzen und 1953 zum Guss einer neuen Glocke verwendet. Am 17. Oktober 1948 konnten die drei kleineren Glocken eingeweiht werden. Heute besitzt die Martinskirche vier Glocken.
Bet-Glocke (Trinitätsglocke)
Ton e‘; gegossen 1953 durch die Firma Kurtz, Stuttgart. 1.166 kg, Durchmesser 1,30 m. Eingeweiht an Trinitatis 1953. Inschrift: „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist."
Diese tiefste Glocke ertönt beim Vaterunser während des Gottesdienstes. Weiterhin läutet sie jeden Morgen um 6.00 Uhr sowie bei Einbruch der Dunkelheit: im Sommer um 20 Uhr, im Winter um 19 Uhr. Jeden Samstag um 19 Uhr läuten alle Glocken den Sonntag ein.
Kreuzglocke (Gott-Vater-Glocke)
Ton gis' + 5/16 Halbton; gegossen 1948 durch die Firma Kurtz, Stuttgart; 558 kg. Eingeweiht an Kirchweih 1948. Inschriften: „Soli Deo Gloria“ (allein Gott die Ehre) sowie „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“ (Matth. 6.13). Die Kreuzglocke hören wir täglich um 11 Uhr und um 15 Uhr. Diese beiden Zeiten erinnern an das Leiden und Sterben Jesu.
Zeichenglocke (Christus Glocke)
Ton h' + 5/16 Halbton; gegossen durch die Firma Kurtz, Stuttgart 1948; 339 kg. Eingeweiht am Kirchweihfest 1948. Inschriften „Christus vincit“ (Christus siegt) sowie „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ (Hebr. 13.8). Sie läutet eine Stunde vor dem Gottesdienst (also jeden Sonntag um 8.30 Uhr), ebenso jeweils eine Stunde vor jeder Trauung sowie vor jedem Nachmittags- oder Abendgottesdienst. Eine Stunde vor Beerdigungen werden die Zeichen- und Taufglocke gemeinsam geläutet.
Taufglocke (Heilig Geist Glocke)
Ton cis" +3/16 Halbton; gegossen durch die Firma Kurtz, Stuttgart 1948; 245 kg. Eingeweiht an Kirchweih 1948. Inschriften: „Veni creator spiritus“ (Komm Schöpfer Geist) und „Oh Land, Land, Land, höre des Herrn Wort“ (Jer. 22.29). Die Taufglocke fordert auf, für die getauften Kinder zu beten.
Text: Nikolaus Back und Ruth Zeller (Fenster)
unter Mitarbeit von Johanna, Martin und Ruth Zeller, sowie Christa und Karl-Heinz Schäffer
Sielmingen 2006